Kalligrafie – Königin der Handschrift
Das Wort „Kalligrafie“ beziehungsweise „Kalligraphie“ stammt aus dem Griechischen („kalligraphía“) und meint die Kunst des schönen Schreibens. Es geht darum, mit Schreibwerkzeugen wie Federkielen, Pinseln oder Filzstiften das Schönschreiben von Hand zu perfektionieren. Die Kalligrafie gab der Menschheit bereits vor Jahrhunderten die Möglichkeit, sich miteinander auszutauschen. Es handelt sich um eine besonders kunstfertige Form der Kommunikation, die die Grundlage von Höhlenmalereien, Hieroglyphen sowie chinesischen und arabischen Schriftzeichen bildet. Im Gegensatz zur Typografie geht es bei der Kalligrafie nicht um das Setzen mit vorgefertigten Formen.
Der meditative Charakter des Schönschreibens
Die Kalligrafie ist eine Kunst, die vor allem dort, wo heilige Texte abgeschrieben wurden, einen große Bedeutung hat. Dies gilt nicht zuletzt für das Christentum, das seit jeher für kunstvolle Abschriften der Bibel und anderer religiöser Texte bekannt ist. Kalligrafische Schriftzeichen gibt es in allen Kulturkreisen und sind bis heute von immenser Bedeutung: islamische Kalligrafie, hebräische Kalligrafie sowie chinesische, japanische und koreanische Kalligrafie.
Es geht darum, die Ästhetik des Schriftbildes so weit zu perfektionieren, dass es vollkommen ausgewogen ist. Die Leserlichkeit spielt dabei eine nicht allzu große Rolle; wichtiger ist es, durch die Kunst des Schönschreibens die eigenen Emotionen sichtbar werden zu lassen. Dieser Umstand verleiht der Kalligrafie einen beinahe meditativen Charakter: Als stille Arbeit erfüllt sie den Menschen, der sie ausführt, mit Zufriedenheit. Sie kann dabei helfen, sich des Hier und Jetzt bewusst zu werden, denn während man schönschreibt, scheinen Zeit und Raum an Bedeutung zu verlieren.
Die Kunst des Schönschreibens im europäischen Raum
Heutzutage findet Kalligrafie vor allem bei der Erstellung von Urkunden ihren Einsatz. Sie erfreut sich aber auch zu anderen Anlässen großer Beliebtheit. Ob Einladung, Gruß- oder Glückwunschkarte, die Kunst des schönen Schreibens wertet nahezu jedes Textstück optisch auf. In der mittelalterlichen Kultur spielte sie eine größe Rolle, denn: Es handelte sich um die einzig bekannte Form der Literaturübermittlung. Um die Lesbarkeit der übermittelten Texte zu erhalten, wurde das Schriftbild nur gering kalligrafisch verändert Die eigentliche Kunst der Kalligrafie wurde dagegen eher für Überschriften verwendet. Hinzu kamen kostbare Illustrationen, die den Text noch weiter aufwerteten. Der Beruf des Kalligraphen wurde ausschließlich von Männern der sozialen und politischen Elite ausgeübt.
Die Kalligrafie, wie wir sie heute kennen, entstand in der Renaissance beziehungsweise im Barock. Den Funken für diese Entwicklung bildete die Druckschrift, die mit der Erfindung des Buchdrucks einherging und von Anfang an als nicht besonders schön empfunden wurde.
Die Kunst der Kalligrafie und die Moderne
Mittlerweile hat die Kalligrafie stark an Bedeutung eingebüßt. Doch sie ist und bleibt lebendig – ganz gleich, ob als Hobby oder sogar als Kunstform. Heutzutage findet sie vor allem bei der Gestaltung von Einladungskarten, Tischkarten oder Grußkarten praktische Anwendung. Nicht selten ziert sie auch Urkunden und Plakate. Es macht sogar den Eindruck, als gewinne die Kunst des Schönschreibens seit der Erfindung des Computers wieder an Bedeutung.
Die Kunst der Kalligrafie eröffnet jedem, der sie ausübt, einen Blick in die Vergangenheit. Ihre Formenfülle, die Strich für Strich zum Leben erweckt wird, gleicht einem Spiel. Es ist das Spiel mit dem Text, ausgedrückt durch ihren Reichtum an Formen und Farben.
Die Kunst des Schönschreibens ist auch mit der Erfindung des Computers, der sich heutzutage in so gut wie jedem Haushalt wiederfindet, nicht am Ende angekommen – ob trotzdem oder gerade deswegen, sei dahingestellt. Ihr Reiz liegt in ihrem wandelbaren Gesicht, einem Ausdruck ihrer Zeit, der in stetiger Veränderung begriffen ist, begründet: Noch heute entwickelt sie sich immer weiter und wird dies auch in Zukunft tun. Das Geheimnis ihrer Ausübung liegt in der Kombination aus Kunst und Kreativität begründet, mit deren Hilfe der Kalligraf jedem Schriftstück ein passendes Gesicht verleiht. Sie ist und bleibt die Königin der Handschrift.
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